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Mehr als einmal bestraft: Auswirkungen der Pandemie auf straffällige Frauen

Pressekampagne: „Bündnis München sozial. Wir halten die Stadt zusammen – jetzt erst recht!“

„Die Corona-Pandemie trifft insbesondere Menschen am Rande der Gesellschaft am härtesten.“, so Karin Majewski Sprecherin des Bündnisses München Sozial. Daher macht das Bündnis eine Pressekampagne um auf die Lage derer hinzuweisen, die sonst gerne aus dem Blick geraten.

 Heute:  Mehr als einmal bestraft: Welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auf straffällige Frauen hat  

Die AZ berichtet am 18.05.21 https://www.abendzeitung-muenchen.de/muenchen/straffaellige-frauen-und-corona-gefuehle-wie-hoffnungslosigkeit-und-einsamkeit-verstaerken-sich-art-728532

Der Fachdienst Straffälligenhilfe des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) München betreut und unterstützt Frauen vor, während und nach der Haft. Vor allem die Vermeidung einer Geldstrafe durch gemeinnützige Arbeit, aber auch die Vorbereitung der Entlassung aus der Haft sind durch die Corona bedingten Kontaktbeschränkungen deutlich erschwert worden.

Gemeinnützige Arbeit: Einsatzstellen seit Monaten geschlossen
Wenn Frauen zu einer Geldstrafe verurteilt werden und diese nicht zahlen können, können sie durch gemeinnützige Arbeit z.B. auf Friedhöfen, in Altenheimen oder in Pfarreien ihre Geldstrafe ableisten. Durch die Corona Pandemie stehen viele dieser Einsatzstellen nicht mehr zur Verfügung. So bleibt oft nur die Zahlung der Strafe in Raten. Für Frauen, die wegen ihrer prekären Lebenssituation straffällig geworden sind und aus Not schwarzfahren oder stehlen, führt dies häufig zu einer Verschärfung ihrer Armut. Können sie ihre Strafe nicht zahlen, droht die Haft. Denn anders als im vergangenen Jahr werden mittlerweile wieder Ersatzfreiheitsstrafen vollstreckt.

 

Inhaftiere Frauen: Einsamkeit macht krank
Extrem hFoto SKFart gestaltet sich auch die Zeit im Gefängnis. Bei Haftantritt müssen die Frauen -unabhängig vom Testergebnis – mindestens 14 Tage in Quarantäne, das bedeutet zwei Wochen lang 23 Stunden am Tag Einschluss in einer Einzelzelle mit nur einer Stunde Hofgang – und das in der äußerst sensiblen ersten Zeit in Haft. Besuche sind seit Dezember nur einmal im Monat und ausschließlich für Eltern, Partner*innen und Kinder möglich. Das heißt, seit über einem Jahr können die Frauen ihre Kinder und andere Angehörige nur durch eine Plexiglasscheibe sehen, Berührungen und Umarmungen sind nicht möglich, alle müssen eine Maske tragen. Einige Frauen haben sich schweren Herzens dafür entschieden, ganz auf die Besuche ihrer kleinen Kinder zu verzichten, um diese nicht noch mehr zu verängstigen. Hafturlaube zur Entlassungsvorbereitung sind ganz gestrichen. So sind z.B. Wohnungsbesichtigungen oder wichtige Gespräche mit Angehörigen zur Klärung, wie es nach der Haft weiter gehen soll, nicht möglich. Auch die Arbeitsmöglichkeiten in den Justizvollzugsanstalten (JVA) sind eingeschränkt worden oder ganz weggefallen, was bedeutet, dass die Frauen weder etwas dazu verdienen können, noch eine Aufgabe und damit etwas Abwechslung haben. Die Kontaktbeschränkungen in den JVAen und der Wegfall von Gruppenangeboten erschweren die sowieso schon wenigen Möglichkeiten andere Frauen zu treffen.

 Frau G., 52, im Juni entlassen: „Für mich war es ganz schlimm, dass man die Arbeitsbetriebe geteilt hat. Eine Woche lang habe ich arbeiten dürfen und eine Woche war ich auf Zelle. Diejenigen, die auf Lohn gearbeitet haben, also keinen Einzahler von draußen hatten, die haben auch weniger verdient. Auch schlimm war, dass alle Kurse, wie die Kunstgruppen oder das kreative Schreiben, abgesagt wurden. Und Besucher kamen auch nicht mehr rein.

 Frau H., derzeit in der JVA München: „Jetzt dürfen nur noch alle vom selben Stockwerk gemeinsam in den Hof.  Wenn man also jemanden auf einem anderen Stockwerk kennt oder vielleicht verlegt worden ist, kann man diese Person auf dem Hofgang und auch sonst nicht mehr sehen. Das finde ich sehr traurig. Ich habe meine Freundin auf dem anderen Stockwerk, die auch meine Sprache spricht. Ich kann hier jetzt nach der Verlegung mit niemandem sprechen. Da ich aus dem Ausland komme, kann meine Familie mich auch nicht besuchen. Ich bin sehr einsam.“

Straffällig gewordene Frauen und Mütter dürfen durch die Kontaktbeschränkungen nicht noch mehr bestraft werden. Gerade für sie, die haftbedingt sowieso isoliert leben, sollten die wenigen Möglichkeiten, Kontakt zu halten zu Familie und Unterstützern von außen unter den nötigen Hygieneauflagen erhalten bleiben. Denn für sie ist das besonders wichtig. Das Ziel einer Resozialisierung, also einer Rückkehr in die Gesellschaft nach Abbüßung der Strafe, sollte dabei als Richtschnur dienen.

Die Arbeit der Straffälligenhilfe ist jetzt wichtiger denn je.